Klimawissenschaft: Synthese Report – ein wirksames Mittel gegen Halbinformiertheit

Eines der größten Probleme für einen Durchbruch bei den internationalen Klimaverhandlungen ist meiner Meinung nach die fehlende Krisenwahrnehmung in der Öffentlichkeit. Wen würde es jucken, wenn wir morgen in der Zeitung lesen „Klimaverhandlungen gescheitert“? Welche Chance für einen Neuanfang gäbe es dann? Vermutlich derzeit kaum eine.

Auch an der Reaktion der Politik – nämlich der Abwesenheit des Klimathemas imWettbewerb um die besten Positionen im Wahlkampf – zeugt von dieser fehlenden Krisenwahrnehmung. Hintergrund dafür dürfte zu einem großen Teil ein Mangel an Aufklärung sein. Zwar wissen die meisten inzwischen, dass es so etwas wie Klimawandel gibt und dass das ein Problem ist. Aber nur sehr wenige wissen, wie ernst die Lage wirklich ist und was auf dem Spiel steht.

Umso begrüßenswerter ist es, dass es nun endlich einen allgemein verständlichen Text gibt, der die aktuellsten klimawissenschaftlichen Erkenntnisse zusammenträgt und zusammenfasst. Es handelt sich um den lang angekündigten Synthese-Report der internationalen Konferenz der KlimawissenschaftlerInnen, die im März diesen Jahres in Kopenhagen stattfand (siehe hier). Autoren des Reports sind unter anderem auch so bekannte Größen wie Hans Joachim Schellnhuber und Nicholas Stern.

Die Botschaften sind klar und deutlich: Die Erkenntnisse des letzten Berichts des Weltklimarats IPCC sind viel zu optimistisch formuliert bzw. gar überholt. Aktuelle Studien belegen, dass die Lage viel ernster ist. Unter anderem spielen hier die sog. Tipping Points eine Rolle, also Phänomene, deren eintreten uns in eine Phase unkontrollierbaren Klimawandels katapultieren könnte. Dazu gehören das Schwinden des grönländischen Eisschilds, des Verschwinden des Monsuns oder das Auftauen der Permafrostböden in der Tundra. Einige der Tipping Points könnten schon bei einem Temperaturanstieg von 1 bis 2 Grad eintreten. Dabei muss man wissen, dass ein Überschreiten der magischen 2 Grad Grenzen inzwischen mehr als wahrscheinlich ist. Die Politik steuert eher auf 3 bis 4 Grad zu. Auch ein Meeresspiegelanstieg von einem Meter bis Ende dieses Jahrhunderts gilt inzwischen als wahrscheinlich.

Insgesamt muss man wissen, dass bereits die Folgen einer globalen Erwärmung von 2 Grad als „gefährlicher Klimawandel“ zu bezeichnen wären. Auch diese noch so ferne Ziellinie bringt uns also bei Weitem keine Sicherheit.

Ich wünsche mir von Herzen, dass nicht nur jeder und jede BürgerIn dieser Erde von diesen Erkenntnissen erfährt, sondern dass der Report für alle politischen EntscheidungsträgerInnen zur Pflichtlektüre ernannt wird und sie uns jeden Schritt rechtfertigen müssen, den sie gegen dieses Wissen handeln.

Siehe auch den Bericht im Klimawissenschafts-Blog KlimaLounge.


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