Das öffentliche Auto

Kürzlich war ich in York (UK) auf dem jährlichen Treffen des World-Carfree-Networks. Neben vielen Leuten aus Verkehr- und Stadtplanung sowie Aktivist_innen traf ich dort auch einen Vertreter der Bremer Stadtverwaltung. Dieser berichtete interessant über ein Konzept, welches eigentlich sehr nahe liegt: das öffentliche Auto.

Vielen ist das eher als car-sharing“ bekannt, doch leider mitsamt den negativen Implikationen: „Mein Auto soll ich teilen? Dann wird es vielleicht dreckig, ich kann nicht meine Musik hören, mein Tempo fahren und bin irgendwie nicht mehr Herr in meinem Wagen!“ Teilen liegt halt nicht allen. Oder? Während beim car-sharing eine Person andere ganz solidarisch mitnimmt, ist das Prinzip des öffentlichen Auto anders. Dieses funktioniert wie das System der öffentlichen Fahrräder (bei uns von der Bahn gestellt), welche keiner Person gehören und jeder sich eines nur dann nimmt, wenn er/sie es braucht.

Car-Sharing in San Francisco (Bild: felixkramer, unter der Creative Commons Lizenz)
Car-Sharing in San Francisco (Bild: felixkramer, unter der Creative Commons Lizens bei flickr)

Bremen will laut Aktionsplan bis 2020 rund 20.000 „Car-sharer“ (huch, da taucht das Wort ja wieder auf) erreichen und war mit seinen „blauen Autos“ sogar schon prominent in der Zeitung sowie auch in Shanghai auf der Weltausstellung vertreten. Wie teuer sowas ist? Hier (Cambio) sind es 30 Euro Anmeldegebühren, 10 Euro Monatsbeitrag, der Ford Fiesta ab 1,70 Euro/h und 20 Cent/km (inkl. Benzin).  Auch in anderen Städten macht das Modell jetzt Schule. In Köln können Studierende bis 27 beispielweise ohne Grundgebühr ein Auto mieten. Das ist also eher ein on-demand Auto. Damit wird nicht unbedingt Benzin gespart, aber es wird unterm Strich viel weniger Parkraum benötigt. Was wohl die Autoindustrie dazu denkt?

In San Francisco oder Washington gibt es Sharing-Modelle schon seit Jahrzehnten (die USA hatten auch schon 1943 eine fragwürdige Kampagne dafür) und freut sich in letzter Zeit wieder steigender Beliebtheit. Während es dort eher wild und frei gewachsen zu sein scheint, versuchen manche auch den großen Wurf. Es hat sich aber noch kein System durchgesetzt, eben weil es noch eine Randerschienung ist. Angeblich gibt es aber 20% weniger Verkehr, wenn jede_r Fahrer_in der/die alleine fährt nur einmal die Woche jemanden mitnimmt (Quelle). 20% weniger Stau und dennoch an 6 von 7 Tagen das Auto alleine habe – das klingt doch nach einem guten Anfang! Aber auch mehr ist möglich. Zumindest in den Ballungszentren würde bei einem komfortableren ÖPNV das Auto nur noch für den Wochenendeinkauf und den Sonntagsbesuch bei Oma gebraucht werden. Solche Einzelstrecken können dann mit angemieteten on-demand Autos zurückgelegt werden. Die tägliche Fahrt zur Arbeit mit Bus, Bike oder car-sharing.

Das Wuppertal Institut hat schon 2007 eine Studie hierzu erstellt. Es warnt bei allem Potenzial auch:

Ein verändertes Angebot und eine veränderte Nachfrage könnten mittelfristig (Zeithorizont 2020) zu einer weniger positiven oder sogar zu einer negativen Ökobilanz (bezogen auf die CO2-Emissionen) des Car-Sharing-Systems führen.

Das liegt z.T. daran, dass die Nutzer_innen solcher Modelle, heute zu 70% autofreie Menschen, in Zukunft immer noch das Modell als Zusatz zu ihrem Fahrrad oder Auto sehen. Es wird also nicht so viel Verkehr von der Straße geholt, wie sich manch eine_r vielleicht wünscht. Daraus schlussfolgere ich, dass es noch mehr Mittel braucht, um den Umstieg vom eigenen Auto auf ein öffentliches Fahrzeug zu befördern. Mit car-sharing ebenso wie on-demand Autos wird ein neues Angebot geschaffen. Um aber auch die Nachfrage nach oben zu drücken, bedarf es endlich einer besseren Einpreisung der ökologischen Kosten des Autofahrens. Das würde dann auch Geld einbringen welches für den ÖPNV, Radstreifen oder eben öffentliche Autos zur Verfügung steht.


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