Ist China bereit vorwärts zu gehen? – Teil 2

China ist in der Klemme. Einerseits der größte nationale Emittent, und einer der am schnellsten wachsenden Emittenten weltweit. Andererseits immer noch recht geringe pro-Kopf Emissionen, jedenfalls weit entfernt von den pro-Kopf Emissionen in den reichen Ländern. Wie weit muss China seine wachsende Verantwortung wahrnehmen und selber Emissionen reduzieren – und wie weit darf China seine Forderungen an die Industrieländer, namentlich die USA, aufrecht erhalten, dass diese zunächst vorangehen müssen? Zwei Quellen legen neue Zahlen dafür vor, die helfen, das Prinzip der „gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten“ zu interpretieren.

Die Webseite des chinesischen Außenministeriums legt Zahlen vor, die auf Berechnung der britischen Firma Maplecroft zurückgehen. Demnach hätten Ende 2009 die jährlichen pro-Kopf Emissionen und den USA und Australien bei 19.58 und 20.58 Tonnen CO2 gelegen, während sie in China bei nur 4.6 Tonnen lagen.

Das Deutsche Institut für Entwicklungspolitik (DIE) hat mit dem Sustainable Europe Research Institute (SERI) in Wien eine neue Berechnung vorgelegt, wie viel der pro-Kopf Emissionen Chinas auf die Produktion von Exportgütern entfallen. Von 3.7 Tonnen CO2 pro Kopf in China in 2005 entfallen 1.8 Tonnen allein auf die Produktion von Exportgütern. Mit anderen Worten, wenn die Emissionen dieser Exportgüter den Konsument_innen in fernen Ländern zugerechnet würden, dann beliefen sich die chinesischen pro-Kopf Emissionen in 2005 nur auf 2.9 Tonnen – und lägen damit weit unter dem Welt-Durchschnitt von 4.3 Tonnen CO2.

In den Industrieländern, die über den Import von Industriegütern aus den Entwicklungsländern Emissionen ausgelagert haben, verhält es sich umgekehrt: in Deutschland betrugen die Emissionen laut Statstik im Jahr 2005 9.7 Tonnen CO2 pro Kopf, bei Einberechnung der Emissionen für Importware lägen sie indessen bei 12.8 Tonnen. In den Niederlanden beträgt die Differenz gar 13.1 zu 19 Tonnen, weil dort weit mehr Emissionen ins Ausland verlagert wurden. Und in den USA würden die pro-Kopf Werte von 18.2 Tonnen in 2005 auf 22.4 klettern, wenn die importbedingten Emissionen eingerechnet würden – die übrigens im Fall der USA zum größten Teil in China anfallen.

Ob China bereit ist, voranzugehen, wird früher oder später auch vom Umgang mit seinen enorm hohen exportbedingten Emissionen abhängen. Das habe ich schon ein halbes Jahr vor Kopenhagen geschrieben und für eine geteilte Verantwortung bei exportbedingten Emissionen plädiert; aber da wollte es keiner hören, weil das Thema einen „deal“ in Kopenhagen hätte gefährden können. Aus meiner Sicht ist es eine Frage der Zeit, wann das Thema ganz oben auf der politischen Agenda der Verhandlungen landen wird.


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