Weit weg vom Nabel der Welt

Für Klimaschützer weltweit mag Cancun dieser Tage der Nabel der Welt sein. Für US-Politiker ist Cancun eine andere Welt. Zum letzten Klimagipfel ist ein Tross von mehreren Dutzend Abgeordneten und Senatoren sowie Präsident Obama und die halbe US-Regierung nach Kopenhagen gefahren. Diesmal dürfte nur eine Handvoll US-Politiker an der COP teilnehmen.

Alles nur, weil nach dem Scheitern eines Gesetzes der Klimaschutz im Kongress keine Rolle mehr spielt? Von einzelnen US-Abgeordneten hört man „wir haben Sitzungswoche“ oder etwa „es gibt dringendere Probleme als den Klimawandel“. Einer innenpolitischen Logik folgend tragen diese Argumente. Zeitgleich zu Cancun tagt der Kongress letztmalig in der Zusammensetzung der abgelaufenen Legislaturperiode. Republikaner und Demokraten ringen darum, wie die Ausschüsse besetzt werden, ob das START-Abkommen zur nuklearen Abrüstung ratifiziert und die zum Jahreswechsel auslaufenden Nachlässe bei der Einkommenssteuer verlängert werden sollen. Für Reformbefürworter ist der Einigungsdruck hoch, weil ab Januar viele neue Republikaner in den Kongress ziehen, die (noch mehr) auf Streit und Dissens getrimmt sind.

Trotz der innenpolitischen Agenda wissen verantwortungsvolle US-Abgeordnete, wie viel für die internationale Klimapolitik in Cancun auf dem Spiel steht und wie sehr der Fortschritt in den Verhandlungen von den USA abhängt. Sie wägen andererseits den Schaden ab, den ihre Teilnahme innenpolitisch anzurichten droht. Cancun ist in den USA als legendäre Party-Beach für College-Studenten verschrien. In Zeiten, wo immer mehr Amerikaner ihr Haus verlieren und nicht genug Essen auf den Tisch bringen, wollen Abgeordnete ihre Mitarbeiter nicht an einer der schönsten Sandstrände Mexikos schicken. Das wäre ein gefundenes Fressen für die rechte Presse von FOX &Co.

So überlassen die Abgeordneten die Rolle der klimapolitische Botschafter vor allem den Verhandlern der Obama-Administration (wie Energieminister Steven Chu), US-Bundesstaaten und NGOs und think-tanks wie etwa dem World Resources Institute und dem Worldwatch Institute.

Die Protagonisten in den USA wissen, dass ihr Land in die klimapolitische Isolation abdriftet. Im Vergleich zu Europa, China und den anderen aufstrebenden Entwicklungsländern sind die USA längst zum Nachzügler geworden, konstatieren Timothy Worth (UN Foundation) und John Podesta (Center for American Progress) auf der Huffington Post. Immerhin versucht die US-Regierung, das Beste daraus zu machen und zum Beispiel mit China zu bilateralen Ergebnissen etwa beim Monitoring zu kommen, die in den Verhandlungsprozess eingespeist werden. Letzteres wiederum ist nicht ungefährlich für den UN-Prozess ist, wie Christian Mihatsch von den Klimarettern zurecht argumentiert.

Foto vom US Kongress im tristen Dezemberwetter von kereifsnyder unter Creative Commons


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