Akteure in Durban: Südafrika als gespaltene Gastgeberin

Begeisterung fürs Land - Begeisterung fürs Klima? (Foto von flickr-use babasteve)
Begeisterung fürs Land – Begeisterung fürs Klima? (Foto von flickr-use babasteve)

Das Gastgeberland der 17. COP gehört zu den besonders spannenden Akteuren in den Klimaverhandlungen. Als Mitglied der BASIC-Gruppe ist Südafrika eine der aufstrebenden Wirtschaftmächte. Das Land ist für ein Drittel der Emissionen des gesamten Kontinentes verantwortlich (sechs Länder emittieren 80%) und ist Mitglied der G-20 – also der selbsternannten Weltregierung. Doch diesen kritischen Aspekten gegenüber steht ein Südafrika, welches als Teil der Africa Group immer wieder auch progressive Forderungen und die Bürfnisse (v.a. nach Anpassungshilfen) der ärmsten Länder aufgreift. Mehr als die meisten Staaten ist Südafrika also eine gespaltene Persönlichkeit. Welche werden wir in Durban sehen?

Viele der Proteste in Durban – Optimist/innen sprechen von bis zu 1 mio Menschen! – werden sich aber anders als bspw. in Kopenhagen weniger an die UNFCCC wenden, sondern eher direkt auf die Regierung von Jacob Zuma schauen. Diese steht nämlich gar nicht so gut dar, wie Zuma es gerne hätte. Neben hoher Arbeitslosigkeit, einem klaffenden Unterschied zwischen Arm und Reich im Land gibt es Korruption in der Regierung und Stromsperren für die Bevölkerung. Der immer wieder angekündigte grüne Aufschwung (z.B. durch SARI) lässt noch auf sich warten. Mit der Ankündigung 2009 in Kopenhagen, als erstes und bislang einziges Schwellenland einen „peak“ zu nennen, also einen Zeitpunk (in diesem Fall 2020-2025) zu dem der Emissionstrend sich umkehren wird, hat sich Südafrika wohl mehr Momentum versprochen. Man möchte zudem 2020 (2025) bis zu 34% (42%) weniger CO2 ausstoßen als prognostiziert (business-as-usual). Das klingt – obwohl es immer noch einen Anstieg bedeutet – ganz gut. Allerdings soll dem „peak“ erstmal ein „plateau“, also eine Phase stabiler Emissionen, folgen. Erst dann ist eine wirkliche Reduktion eingeplant. Und auch das ist noch ziemlich ungenau, wie der Ausschnitt aus diesen Regierungsunterlagen zeigt:

  • South Africa‟s GHG emissions peak in the period 2020 to 2025 in a range with a lower limit of 398 Megatonnes (109 kg) (Mt) CO2-eq and upper limits of 583 Mt CO2-eq and 614 Mt CO2-eq for 2020 and 2025 respectively.
  • South Africa‟s GHG emissions will plateau for up to ten years after the peak within the range with a lower limit of 398 Mt CO2-eq and upper limit of 614 Mt CO2-eq.

Die Spanne ist demnach ziemlich breit und könnte immer noch einen Aufwuchs derzeitiger Emissionen um 2/3 beinhalten. Dies wird von der derzeitigen Politik leider auch untermauert. In Medupi und Kusile sollen zwei Kohlekraftwerke gebaut werden, welche dann zu den größten der Welt gehören würden. Schon jetzt bezieht Südafrika 92% seines Stroms durch die Verbrennung von Kohle und bis 2030 möchte die Regierung runter auf 48% kommen (s.u.a. hier).

Die Ministerinnen Maite Nkoana-Mashabane (Außen) und Edna Molewa (Umwelt), hier mit Chris Huhne (britischer Klimaminister). Photo von flickr-user DECCukgov
Die Ministerinnen Maite Nkoana-Mashabane (Außen, rechts) und Edna Molewa (Umwelt, links), hier mit Chris Huhne (britischer Klimaminister). Photo von flickr-user DECCukgov

Positiv möchte ich aber herausheben, dass Südafrika in Durban neben Präsident Zuma v.a. von drei starken Frauen vertreten wird. Am meisten werden wir es mit Außenministerin und COP-Präsidentin Maite Nkoana-Mashabane zu tun haben. Zu ihr gesellt sich aber die einflussreiche Ministerin für Wasser und Umwelt, Edna Molewa, sowie die Sonderbotschafterin für die COP-Präsidentschaft, Nozipho Mxakato-Diseko. Molewa wird die Südafrikanische Delegation leiten und dadurch ihren Einfluss geltend machen. Nicht zum Leidwesen ihrer Kollegin, denn auch hier – wie in Deutschland – gibt es Meinungsverschiedenheiten zwischen den Ressorts, welche nicht dadurch kleiner wurden, dass die beiden Frauen nun gemeinsam die COP organisieren sollen (hier). Noch immer hat Südafrika keine eigene Position für Durban und bleibt bei allgemeinen Phrasen (Kyoto retten, Adaptation stärken usw.) ohne konkret, geschweige denn innovativ zu werden. Ein Weißbuch (Teil 1 und Teil 2) wurde veröffentlicht und nach Lob und Kritik soll es nun im Parlament verabschiedet werden. Doch die Klimapolitik hängt hier noch mehr als anderswo an der Laune der Industrie. Diese ist besonders stark mit dem herrschenden ANC – eigentlich eine Befreiungsbewegung – verknüpft und auch die starken Gewerkschaften lernen erst langsam, warum progressiver Klimaschutz nicht nur Verlust von „brown jobs“ bedeutet. Eine neue CO2-Steuer wird derzeit debattiert. Auf Grund eines komplizierten Subventionsgestrüpp wird sie aber nur Kosten verschieben. Dennoch könnte sie zum Umdenken anregen: „The tax was more an incentive to change than a revenue source“ (Quelle: hier).

Vor COP17 kommt also etwas Schwung ins Land und neben der politischen Ebene lernen v.a. viele Millionen Bürger/innen erstmals über den Zusammenhang von Klimawandel mit „ihren“ Problemen: Ungleichheit, Strommangel und Armut. Doch neben dieser Selbstfindungsphase muss Südafrika die COP organisieren – trotz aller Shezophrenie.

The identity projected from South Africa reveals elements of both a developing country and industrialised economy, and this dichotomy influences its approach to climate diplomacy. A post-apartheid desire to present moral leadership, a neo-liberal view on both its own and regional economic development, a desire to transform the power structures in international institutions and a grounding in African reality are among the key driving norms. (Quelle: CDKN)

Das Stockholm Environment Institut hat vor einigen Monaten bereits eine Analyse der Südafrikansichen Klimapolitik erstellt, die Grundaussagen sind die folgenden:

• Südafrika ist ein „Brückenbauer“ auf Grund seiner Geschichte und dem Wunsch, das Land als umsichtigen Führer in der Welt zu etablieren.

• Jacob Zumas freiwillige Reduktionsverpflichtung wurde zu Hause als „punching above its weight“ (den Mund zu voll nehmen) gesehen.

• Ökonomische und politische Sachzwänge behindern die Klimapolitik sehr während das Primat der Ausweitung der Energieproduktion und des -zugangs gegen effektiven Klimaschutz von den Eliten ausgespielt wird.

• Südafrika steht mit einem Bein in Afrika, mit dem anderen in der Welt der Supermächte (BASIC, G-20).

• Multilaterale Kanäle sind für Südafrika besonders wichtig. Damit können Kanten abgeschliffen werden und Südafrikas Rolle innerhalb Afrika wird gestärkt.

Südafrika hat also nicht die gleichen Interessen wie China und Indien (Brasilien sowieso). Während die beiden asiatischen Supermächte sich durch gegen politische Isolation absichern wollen, ist für Südafrika das Agieren mit BASIC ein Vehikel für mehr Einfluss in der Welt. Dennoch schert es machmal aus; z.B. durch seine Sympathie gegenüber dem LCA-track in den Verhandlungen (= Klimaabkommen in dem alle einbezogen sind, nicht nur der Norden).

South Africa advocated that talks at Durban launch formal negotiations for a new compact bringing emerging economy under international commitments as well. But India, China and Brazil were united in opposing such a proposition noting that the developed world was yet to deliver on existing commitments and was asking for more flexibility from the BASIC group without any returns. (Quelle: ToI)

Diese Diversität an Positionen und Allianzen wird es für die drei Frauen sehr schwer machen, Südafrika als „leader“ in den Klimaverhandlungen zu positionieren. Eine wirklich Führerschaft wird das Land aber nicht haben, wenn es wie ein Löwe brüllt, sondern nur, wenn es daheim schnell, konsequent und sozial gerecht auf 100% Erneuerbare umsteigt. Die notwendige Hilfe muss es vom Norden – und von den BASIC-Partnern – einfordern.

 

Einen guten Kommentar hierzu gibt es auch in unserem COP-17 Dossier (in englisch): A Complex Exercise in Climate Diplomacy for South Africa

Bevor die Verhandlungen in Durban am 28.11.2011 starten, und die Beteiligten auf der COP-17 erneut in Stapeln von Papier versinken, wollen wir für die Lesenden dieses Blogs kurze Schlaglichter auf einige Akteure in Durban werfen. Dabei besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit, sondern es soll lediglich eine Perspektive aufgeworfen werden.

 

 

 

 

 

 


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