BGR-Skandal: Stiftung hat über Jahrzehnte unternehmensfreundliche Studien der Bundesanstalt gefördert

von Annette Kraus, Heinrich-Böll-Stiftung

Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) ist eine dem Bundesministerium für Wirtschaft (BMWi) nachgeordnete Behörde und eine der wichtigsten Beratungsinstitutionen für die Bundesregierung in ihren Themenfeldern. Einen Mindestabstand zur Industrie und ihren Interessen sollte man von einer solchen Behörde erwarten können. Recherchen von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung zeigen, dass derlei Erwartungen nun doch naiv sind: Eine finanziell gut ausgestattete Stiftung, die auf Initiative einiger Wirtschaftsunternehmen in den 80er Jahren ins Leben gerufen wurde, finanziert und ehrt Studien und Forschungen, die für die Industrie wünschenswerte Ergebnisse haben.

Klima, Atommüllendlagerung, Fracking: Was schmutzig und umstritten ist, hat eine Chance auf Ehrung durch die Stiftung:

Eine der geförderten Studien kommt beispielsweise zu dem Ergebnis, dass der Anteil der menschengemachten CO2-Emissionen eher gering ist – keine Meinung, die von der internationalen Klimawissenschaft geteilt wird, um es milde auszudrücken.

Oder Gorleben: Einer Studie, die den Salzstock als dicht (und somit als mögliches Endlager) bewertet, wurde von der Stiftung ein Preis verliehen – andere Geologen sehen diese Einschätzung höchst kritisch.

Angesichts des Kreises der Einzahler in die Stiftung, neben dem Chemiekonzern Bayer und dem Energieriesen RWE auch ein Unternehmen wie Wintershall, das weltweit Frackingprojekte voran treibt, sind auch die durchweg positiven Äußerungen aus der BGR zur Sicherheit des Fracking zumindest mit allergrößter Vorsicht zu genießen.

Über die Stiftung selbst ist recht wenig zu erfahren, eine schnelle Suche im Netz führt keinesfalls zu einer eigenen website, geschweige denn Transparenz über Geldgeber und geförderte und geehrte Projekte. Eine enge personelle Verschränkung der Stiftung mit der BGR lässt sich dennoch aus Verweisen und Kontaktpersonen bei der BGR erahnen.

Was nun? Ein riesiger Korruptionsskandal oder doch zumindest der klare Nachweis für Lobbyaktivitäten der Industrie gegenüber der Bundesregierung? Sylvia Kotting-Uhl, atompolitische Sprecherin von Bündnis 90/ Grünen, stellt die Unabhängigkeit und Seriosität der BGR  in Frage. Der niedersächsische Umweltminister fordert die erneute Überprüfung aller Studien und Stellungnahmen der BGR. Ob die Unternehmen auch hier bereit sind, großzügig mitzufinanzieren?


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