Das war 2007: Was bringt 2008?

2007 scheint zu enden wie es angefangen hat. Mit einer ambitionierten EU-Kommission, unwilligen Autokonzernen, die den Untergang des Abendlandes prophezeien, und einer Bundesregierung samt „Klimakanzlerin“, die sich als Schutzengel von Porsche/VW, BMW und Daimler präsentiert. Die Niederungen der Klimapolitik in der Um- und Durchsetzung.

Dazwischen sahen wir die Höhenflüge internationaler Klimapolitik. EU-Gipfel, G8-Gipfel, UN-Gipfel. Im trauten Duo eilten Gabriel und Merkel von Höhepunkt zu Höhepunkt, sonnten sich im Licht der Scheinwerfer der globalen Bühne. Und in der Tat: befeuert von den vier Salven aus der Klimawissenschaft in Form der IPCC-Berichte, beginnen sich die Personen dort langsam zu bewegen. Nachdem Nairobi 2006 im Zeichen des Mikado stand („wer sich als erster bewegt, verliert“), wurde in Bali schließlich „Fang den Hut“ gespielt, mit G.W. Bush in der Rolle des „goldenen Huts“ der am Ende doch gefangen wird. Nun wird es aber Zeit, dass das Schattenboxen im globalen Klimazirkus in eine geschlossene Attacke gegen den Klimawandel überführt wird. Das wird nur gelingen, wenn Klimagerechtigkeit vom normativen Konzept zur Leitlinie für praktische Politik wird.

Auf dem heimischen Terrain spielte die Bundesregierung dagegen weit weniger glamourös. Da nutzt sie den Emissionshandel zur Subventionierung von Kohle anstelle zum Klimaschutz und wundert sich anschließend über eine Flut von Kraftwerksneubauten, die ihre eigenen Klimaschutzziele konterkariert. Da setzt sie bei der Wärmeschutzverordnung auf die wenig klimafreundliche Lösung eines verbrauchsorientierten, nicht bedarfsorientierten Gebäudepasses. Da springt sie bei der Formulierung des Klimaschutz-Pakets systematisch zu kurz gegenüber den eigenen, ambitionierten Zielen. Deren Verfehlung wird den Nachfolgern angelastet werden, nicht Merkel, Glos und Gabriel. Währenddessen ihre Einhaltung heute harte Auseinandersetzungen mit einflussreichen Lobbies wie Autokonzernen, Fluglinien und Hausbesitzern verlangen würde.

2007 sah aber auch große Schritte auf dem Weg zu einer Klimabewegung von unten. Der Neubau von Kohlekraftwerken stößt vielerorts auf entschlossene Gegenwehr. In der Klima-Allianz hat sich ein breites gesellschaftliches Bündnis für Klimaschutz gebildet. Und der globale Klimaaktionstag wurde zum Auftakt für eine Mobilisierung, die weltweit ihren Ausdruck in 2 Millionen Unterschriften fand, die in Bali an die dort versammelten Minister übergeben wurden.

Was wird 2008 bringen? Bali hat auf der globalen Ebene die Tür geöffnet für ernsthafte Verhandlungen. Eine Flut von „Ad Hoc Working Group“ Treffen wird die Verhandler in Bewegung halten, bis sie sich im Dezember im polnischen Poznan wieder mit den Ministern treffen, um Zwischenbilanz zu ziehen. Japan wird den G8-Gipfel nutzen um sich einmal mehr als treuer US-Verbündeter zu präsentieren. Frankreich wird die EU-Präsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte missbrauchen, um die Atomkraft als die Klimaschutztechnologie schlechthin zu positionieren. Russland wird wählen und doch gleich bleiben als klimapolitisch rücksichtslose, autokratisch von Putin regierte Nation. Und die EU wird mehr denn je zum Schlachtfeld der Auseinandersetzung um Klimaschutz in der Praxis: Kfz-Emissionsgrenzwerte, Biotreibstoffe, Treibstoffqualitätsrichtlinie, Emissionshandel, Erneuerbare-Energien-Richtlinie sind da nur einige Stichworte.

Peak Oil“ wird mehr denn je vom theoretischen Konzept zur Realität mutieren. Und ein Ölpreis der 150$/Barrel touchiert wird die erneuerbare Energien ebenso wie Klimakiller von Ölsanden bis zur Kohleverflüssigung befeuern. Der internationale Emissionshandel (v.a. CDM) wird sprunghaft an Volumen zunehmen. Und dabei seine Schwächen so deutlich offen legen dass es den Ruf nach grundlegender Reform beflügelt.

Die wichtigste Entscheidung über den globalen Klimaschutz treffen allerdings nicht die Verhandler auf den globalen Klimakonferenzen. Sondern die US-Wähler bei ihren Präsidentschafts- und Kongresswahlen. Sunita Narain, indische Klimaaktivistin der ersten Stunde und langjährige Projektpartnerin der Heinrich-Böll-Stiftung, hat einmal mit ironischem Unterton gefordert, dass wir alle bei den US-Wahlen wählen dürfen sollten. Weil wir doch alle von ihren Ergebnissen betroffen sind. Das wird wohl so schnell nicht kommen. Aber zu denken gibt es doch.

So bleibt nur eins: dranbleiben. Es bewegt sich was, wenn wir uns bewegen. Auf allen Ebenen, von der lokalen bis zur globalen. Wir leben in entscheidenden Jahren. Werden wir dereinst unseren Kindern in die Augen blicken können angesichts dessen was wir jetzt tun oder unterlassen?