Öko-Protektionismus mit zweierlei Maß?

Seit einiger Zeit geistert es durch die Presse: Günstige Ware aus Asien setzt die deutsche Solarindustrie unter Druck. Und jetzt hat die schwarz-gelbe Regierung auch noch eine Kürzung der Fördersätze im EEG angekündigt. Steht die deutsche Solarbranche vor dem Aus?

Sogleich flammt die Debatte über Öko-Protektionismus wieder auf. Einer der Befürworter ist Boris Palmer, grüner Oberbürgermeister von Tübingen, der den Import chinesischer Konkurrenzware beschränken will. Palmers Argumente, wie sie im Spiegel-Online zitiert waren: Die Deutschen hätten mit Anlaufinvestitionen von bis zu 45 Milliarden Euro die Solarindustrie aufgebaut, nun sollten die deutschen Unternehmen im entscheidenden Moment des Take-off die wirtschaftlichen Vorteile der Fertigung nicht den Chinesen schenken. “Während Deutschland mit den Geldern der Stromkunden die Hälfte des Weltmarkts für Photovoltaik schafft, werden nur fünf Prozent der Anlagen weltweit in China installiert.” Chinas Industrie könnte also ohne das Deutsche Erneuerbare-Energien-Gesetz nicht existieren, schlussfolgert Palmer. “Wir könnten die Importe aus China morgen auch auf null bringen, wenn wir die Einspeisevergütung streichen.”

Das mag richtig sein. Und Palmers Interesse daran, dass die deutsche Solarindustrie weiterhin gedeiht, teile ich voll und ganz. Doch solche Rufe kommen immer dann schlecht rüber, wenn sie nur tönen, sobald es die eigene Industrie trifft. Entwicklungsländer in Not finanzieren mit knappen Steuermitteln Nahrungsmittelhilfen für ihre Bevölkerungen, aber es kräht hier kein Hahn danach, wenn davon die exportorientierte Agrarindustrie der EU profitiert während die günstigen EU-Exporte in den Zielländern Kleinbauern vom Markt verdrängen.

Abgesehen davon stellt sich die Frage, ob die deutschen Verbraucher über das EEG tatsächlich in erster Linie die deutsche Solarbranche fördern wollen. Oder ob sie durch das EEG nicht viel mehr insgesamt den erneuerbaren Energien zum Durchbruch verhelfen wollen, damit Sonnenstrom mit fossilem Strom konkurrieren kann – egall, welche “Nationalität” die Module haben.

Auch lässt der Lösungsvorschlag von Boris Palmer einige Fragen offen. Seine Idee: China dürfe nur so viel Prozent am Welthandel der Solarzellen halten, wie es auch am Welltinstallationsmarkt hält. Mit anderen Worten: je mehr China inländisch installiert, desto mehr dürften sie dann auch exportieren. Tatsächlich wäre das ein guter Anreiz, damit China im Inland die Transformation seines Energiesystems noch stärker voranbringt. Doch heißt das nicht auch, dass Deutschland als Exportweltmeister demnächst nur noch so viel Autos, Chemieprodukte, Papier & Pappe, Maschinen usw. exportieren darf, wie es selber im Inland verkauft?

Quelle Foto: www.solarstromerzeugung.de/ solarmodule-china.html mit Creative Commons Lizenz


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