Was wird die Klimakonferenz in Cancun bringen?

Niemand rechnet mit irgendwelchen weltbewegenden Ergebnissen bei den nächsten Klimaverhandlungen in Cancun, im Dezember diesen Jahres. Zu groß ist die Ratlosigkeit nach dem Scheitern von Kopenhagen, zu bedauerlich wirkt die Mutlosigkeit der restlichen Staatengemeinschaft nach dem Scheitern der innenpolitischen Klimagesetzgebung in den USA. Sind die Verhandler_innen zwangsläufig dazu verdammt, am karabischen Strand herumzusitzen?

Im Detail, so meinen Expert_innen, könnten durchaus wichtige Fortschritte erzielt werden. Halldor Thorgeirsson, Direktor am UN Klimasekretariat, etwa schlägt die folgenden sieben möglichen Ergebnisse für Cancun vor (nachzulesen bei Environmental Finance), und ich kommentiere dazu:

1. Thorgeirsson/UNFCCC: Eine Formalisierung der Emissions-Reduktionsziele, die im Anhang des Kopenhagen-Akkords gemacht wurden. – Ich: na toll. Der Kopenhagen-Akkord bringt uns auf einen Pfad von 3.5 bis 4 Grad Erwärmung. Warum soll das bitteschön formalisiert werden? Das sollte diskreditiert werden1

2. UNFCCC: Ein System könnte beschlossen werden, mit dem das brühmte „measuring, reporting and verifying“ (MRV) von a) Emissionsminderungen in den Ländern des Südens, und zugleich b) den Finanztranfsers des Nordens überwacht und gesteuert wird. – Ich: das wäre in der Tat ein guter Fortschritt. Allerdings geht es mir nicht weit genug, was bisher dazu in der letzten Nacht von Kopenhagen zwischen den USA und China vereinbart wurde: es sollten nicht nur die Klimapolitiken der Länder überwacht werden, sondern die gesamte Wirtschaftspolitik. Und dies aber – zurecht – nicht nur von den Ländern des Südens, sondern auch von allen Industrieländern! Wenn nur die Klimapolitiken überwacht werden, wird andern Orts weiter business-as-usual betrieben.

3. UNFCCC: Einen politischen Rahmen für Anpassung etablieren. – Ich: da bleibt Thorgeirsson enorm schwamming. Eigentlich wäre es doch wichtig, das Anpassungs-Regime komplett aus dem „single-undertaking“ der Bali-Runde rauszunehmen. Will heißen: die Entscheidungen und Finanzen und Institutionen zur Anpassungspolitik müssen doch nicht warten, bis im Bereich Minderung Fortschritte gemacht werden. Was können die ärmsten und am stärksten betroffensten Länder dafür, dass die USA und China beim Thema Emissionsminderung nicht vorankommen?

4. UNFCCC: Einen Fonds für Minderungs- und Anpassungs-Aktivitäten verabschieden. – Ich: auch das wäre sehr hilfreich. Vor allem, wenn damit ein Gegengewicht zu bestehenden Finanzinstitutionen wie Weltbank und regionalen Entwicklungsbanken gesetzt würde.

5. UNFCCC: Die Infrastruktur aufbauen, damit diese Fonds auch arbeiten und ihre Projekte ausführen können, sowie ein Register für die Minderungsaktivitäten der Entwicklungsländer einführen. – Ich: zur Infrastruktur wird die COP in Cancun wohl höchstens einen aller ersten Anstoß geben können. Hier ist noch viel Kärnerarbeit nötig… Ein Register wäre gut. Aber bitte dann auch ein Register, welches über die Finanztransfers der Industrieländer wacht: ob die Finanzen zusätzlich sind, ob sie wirklich fließen oder nur angekündigt werden usw. usf. Sonst unfair!

6. UNFCCC: Das globale Emissionsziel von 2 Grad erneut bestätigen und einen Weg aufzeigen, wie wir dahin kommen können. – Ich: Mensch Thorgeirsson, dat is ja ma ne richtig neue Idee! Als ob es nicht schon seit Jahren genau darum ginge….

7. UNFCCC: Eine „readiness phase“ anstoßen für einen neuen Mechanismus, der Finanzen für Minderungsaktivitäten und einer Reduzierung der Emissionen aus der Entwaldung in Entwicklungsländern managt. – Ich: klingt „hands-on“, aber es bleibt offen, was genau damit gemeint ist.

Also: niemand soll sagen, Cancun müsse unbedeutend bleiben. Dennoch: ich bin sehr skeptisch, dass wir auch nur bei wenigen der genannten Punkte wirklich weiterkommen werden. Mich deucht, Cancun wird eher so langweilig wie die COP 2008 in Poznan werden, ein „Poznan 2“, lediglich ein Zwischenstopp auf dem Weg nach Südafrika 2011.

Aber wem’s tatsächlich langweilig wird, der kann ja immer noch an den Strand gehen. Der jedenfalls wird sicher nicht enttäuschen!

Quelle Foto: Strand beim Moon Palace, in dem die Klimaverhandlungen in Cancun stattfinden werden, von mutantmonkey auf Flickr.com mit Creative Commons Lizenz.


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