Obama: He’s just not that into you

Die amerikanische Klimabewegung hat ihre liebe Last mit Barack Obama. Trotz aller guten Absichten, die ihm unterstellt werden, scheint dem US-Präsidenten das Herzblut für die Sache zu fehlen. Umweltschützer, möchte man im Hinblick auf die 2012er Präsidentschaftswahlen meinen, würden ihn in jedem Fall einem republikanischen Herausforderer vorziehen. Was sollen Klimabewegte also machen, wenn gilt He’s just not that into you?

Obamas Liste von grünen Erfolgen in seiner ersten Amtszeit ist alles andere als bescheiden (siehe Mission Impossible). Mit dem Konjunkturpaket wurden 80 Milliarden US$ in erneuerbare Energien, die Modernisierung der Energienetze und Altbausanierung investiert. Die Verbrauchsstandards für PKWs wurden angehoben. Die Umweltagentur EPA verschärft, nach Jahren des Schattendaseins unter George W. Bush, die Umweltanforderungen für Kraftwerke und Industrieanlagen. Und unter Obama hat die US-Regierung wieder konstruktiv, wenn auch weniger ambitioniert als von vielen erhofft, an den UN-Klimaverhandlungen teilgenommen und maßgeblich die Einigung auf den Copenhagen Accord vorangetrieben. Diese Errungenschaften hat Obama gegen den Widerstand der Republikaner (und auch manchem Demokraten) erreicht.

Doch trotz dieser Erfolge ist Obamas Umweltbilanz durchwachsen, sein Verhältnis zur Bewegung merklich abgekühlt. Umweltschützer stören sich vor allem an Obamas Faible für den Bau neuer Atomkraftwerke und die Unterstützung weiterer Ölbohrungen. Und dann gibt es da noch einen fetten Makel in seiner Bilanz. Ein Klimagesetz hat der Kongress noch immer nicht verabschiedet. Obama und seine Berater haben sich in der Angelegenheit nicht mit Ruhm bekleckert. Umweltverbände werfen dem Präsidenten zu Recht vor, dass er sich nicht mit voller Leidenschaft reingehangen habe. Dass er sich nicht für ihre Belange interessiert, weil Umweltschützer ihn eh unterstützen würden. Gut also, dass auf dem großen Kongress der Klimabewegung Power Shift 2011 vor drei Wochen in Washington DC im Workshop “What to Do When the President’s Just Not That Into You” diskutiert wurde. Der Ratschlag, „he is just not that into you, move on,“ kommt nicht immer gut an:

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Szene mit Miranda aus der TV-Serie Sex and the City

Obama kennt die Sorgen der Klimabewegung. Er sieht auch den drohenden Schaden für seine eigene Wahlkampagne, wenn diese Gruppe im Wahlkampf 2012 verstimmt oder gar gegen ihn ist. Nur ungern erinnern sich die Demokraten an den Wahlkampf in 2000 zurück. Damals kandidierte Ralph Nader, einer der prominentesten Umweltpolitiker in den USA, gegen den Demokraten Al Gore. Lachender Dritter war George W. Bush, der sich knapp und umstritten gegen Gore durchsetzte.

Eine ähnliche Konstellation ist in 2012 zwar nicht zu befürchten. Doch Obamas Ziel ist es, die Umwelt- und Klimabewegung dafür zu gewinnen, ihn nicht nur zu wählen, sondern mit ihren vielen Freiwilligen auch aktiv im Wahlkampf für ihn zu werben. Was unterscheidet das Jahr 2011 von dem Jahr 2007? Die Klimaaktivisten sind inzwischen zu einer wirklichen Hausmacht herangereift. An der Power Shift 2011 haben rund 10,000 junge Aktivisten aus den ganzen USA teilgenommen. Das sind junge, politisch denkende und hoch engagierte Aktivisten, deren Potenzial Obamas Wahlkampfteam nur allzugern für die eigene Kampagne gewinnen möchte. Das wird nicht gelingen, wenn die Aktivisten das Gefühl haben, dass Obama sie nicht ernsthaft vertritt.

Der Präsident sucht deshalb das Gespräch mit den Aktivisten und Umweltstiftungen, wie Politico berichtet. Courtney Height von der Energy Action Coalition fordert, dass der Präsident keine Zweifel daran aufkommen lässt, die Umweltagentur EPA gegen die Attacken der Republikaner zu verteidigen:

Earlier this month, Obama dropped in unannounced on a group of youth activists meeting with senior aides in the White House. During a nearly 30-minute exchange, the president cited the challenges of moving comprehensive energy legislation in Congress, given hurdles from the Republican-led House. “The implication there was it would be pretty hard to do anything massive in the next 18 months,” said Courtney Hight, executive director of the Energy Action Coalition and a former White House Council on Environmental Quality staffer…. “I just want to see him draw a line in the sand,” said Hight, who helped organize the White House meeting… “I think we shook them a little bit,” Hight said. “It was the first time they were thinking young people aren’t a sure thing.”

Kann Obama in einer möglichen zweiten Amtszeit mehr für den Klimaschutz erreichen? Das ist noch völlig offen. Auch in 2012 könnte ein Demokrat im Weißen Haus einer republikanischen Mehrheit im Kongress gegenüber stehen. Viele im progressiven Lager sehen allerdings das fehlende Klimagesetz als offene Flanke und unerledigte Aufgabe für Obama. Für einen Präsidenten, der in die Geschichtsbücher eingehen will, wäre ein Durchbruch an dieser Front eine willkommene Aufgabe.

Jenseits der Frage, was nach 2012 kommt, muss man die aktuelle Entwicklung auf Seiten der US-Klimabewegung als sehr positiv werten. Die Klimaaktivsten organisieren sich und werden zu einem Machtfaktor im politischen System, der die Wahlen beeinflusst. Die fossile Lobby pumpt Millionenspenden in das politische System, um ihre Interessen zu verteidigen. Die Klimabewegung setzt dem vor allem Kreativität und ein Graswurzelbewegung von unten entgegen. Hört sich nach David gegen Goliath an. Wenn es sich nicht nur so anhört, sondern auch so ausgeht, soll mir das Recht sein.

Foto von unter vasta unter Creative Commons CC BY-NC-SA.