Was der Atomausstieg mit der internationalen Klimafinanzierung zu tun hat“

Die am vergangenen Montag im Bundeskabinett verabschiedeten Gesetzesentwürfe bedeuten weitreichende Änderungen in der deutschen Energiepolitik. Doch neben dem viel diskutierten früheren Ausstieg aus der Atomenergie hat Merkels Gesetzetspaket auch Einfluss auf die deutschen Klimafinanzhilfen für Entwicklungsländer für Klimaschutz, Anpassung und Waldschutz. Wir versuchen hier einen Blick darauf zu werfen, was sich durch den Kabinettsentwurf des sog. „EKFG-ÄndG“ (Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung eines Sondervermögens „Energie- und Klimafonds“ (EKFG)) ändern würde.

Die Verlängerung der Atomlaufzeiten wollte sich die Schwarz-Gelbe Regierung im letzten November u.a. damit erkaufen, dass sie angeblich die Gewinne der Konzerne abschöpfen wollte und z.T. dem internationalen Klimaschutz durch ein neu eingerichtetes Sondervermögen (EKFG) zuführen wollte. Doch jetzt, mit den sieben ältesten AKWs plus dem Schrottreaktor Krümel vom Netz und einem beschleunigten Ausstiegsplan für die restlichen Kraftwerke fallen diese Einnahmen von bis zu € 900 Mio. weg und auch die hierfür eingeplanten Einnahmen aus der sog. „Kernbrennstofftesteuer“ fallen deutlich geringer aus. Wegen dieser wollten die Betreiber schon vor Gericht ziehen, nun klagen sie wohl gegen die für sie noch verschärfte Sachlage eines beschleunigten Ausstieges. Dem EKFG kann es egal sein, denn die Regierung sieht nun die Streichung von (u.a.) § 4, Abs 1 vor. Dort steht bisher: „2. Einnahmen aus der Kernbrennstoffsteuer, soweit sie für die Jahre 2011 bis 2016 den Betrag von 2,3 Milliarden Euro jährlich übersteigen, in Höhe von jährlich bis zu 300 Millionen Euro für die Jahre 2011 und 2012 und in Höhe von jährlich bis zu 200 Millionen Euro für die Jahre 2013 bis 2016“

Das hätte sich zu einer stattlichen Summe von € 1,4 Mrd summiert, doch der Betrag war eh schon geschrumpft, weil Schäuble schon einen Steuerrabatt darauf versprochen hatte.

Das zweite Standbein des Sondervermögens bestand aus dem Geld, welches aus der Versteigerung der Emissionszertifikate ab 2013 eingenommen wird. Bisher werden diese Verschmutzungsrechte zum Teil immer noch für lau an die Unternehmen verteilt, doch das soll sich in zwei Jahren ändern. Das würde bei einem CO2-Preis von € 15/Tonne bedeuten, das über € 3 Mrd in den Haushalt gespült werden, vielleicht sogar noch mehr. Bisher sollte nur das Geld über € 600 Mio (2011/12) bzw. € 900 Mio (2013-20) in das Sondervermögen fließen, doch der neue § 4, Abs 1 sieht vor, dass das gesamt Gelde (abzüglich der Kosten für die Deutsche Emissionshandelsstelle) zur Verfügung steht. Das ist ein sattes plus von € 8,4 Mrd in einer Dekade (brutto, netto sieht das dann nochmal etwas schlanker aus).

Das sieht jetzt auf den ersten Blick nach einem Gewinngeschäft für den Energie und Klimafonds aus, doch kommt das daher, dass die Zuwächse aus dem regulären Bundeshaushalt (der würde die € 900 Mio/Jahr sonst bekommen) stammen. Dort wird das aber wohl Kürzungen nach sich ziehen. Und weniger Klimaausgaben im BMU-Haushalt würden sich mit einem vollen Klima und Energiefonds natürlich von Wolfgang Schäuble gut begründen lassen. Hier darf man sich nicht zu früh freuen!

Weitere neue Quellen von Einnahmen des Sondervermögens stehen auch im neuen §4, Abs. 1:

„2. Einnahmen aus der Auszahlung der bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau treuhänderisch verwalteten Mittel für etwaige Ausfälle im Zusammenhang mit Förderprogrammen, die aus Mitteln des Sondervermögens finanziert werden,“

Die Bundesregierung gibt hier selbst ein gutes Beispiel: Wenn es keine Probleme beim Ausbau der Offshore-Windenergie gibt, kann der KfW verwaltete Risikofonds aufgelöst und das Geld zurück an das Sondervermögen fließen. Die entstandenen Einnahmen durch Zinsen wären ein (kleiner) Gewinn.

Neben all den Zahlen sollte man sich aber in Erinnerung rufen, dass es beim Sondervermögen nicht nur um internationalen Klimaschutz geht. Es können noch eine Reihe von anderen Projekten aus den Mitteln gefördert werden. (Beachte: Im EKFG steht im § 2, Abs. 1 Satz 1 (neu: Satz 3) das Wort „soll“, das EKFG-ÄndG sieht ein „kann“ stattdessen vor. Wehe, wer Böses denkt!) Hierzu gehört neben Energieeffizienz, erneuerbaren Energien, Energiespeicher- und Netztechnologien, energetischer Gebäudesanierung, nationalem Klimaschutz und eben dem internationalen Klima- und Umweltschutz nun dank EKFG-ÄndG auch die Entwicklung der Elektromobilität“. Das ist laut HaushaltsexpertInnen-Meinung erstmal auch nicht schlimm,

„so sollen die bisher auf vier Ressorteinzelpläne des Bundeshaushalts verteilten Programmausgaben des Bundes zur Entwicklung des Zukunftsmarkts Elektromobilität künftig zentral im Wirtschaftsplan des Energie und Klimafonds veranschlagt werden.“ (aus: Kabinettsentwurf eines EKFG-ÄndG)

Die jetzt noch nicht zu beantwortende Frage ist also, ob mit dieser zusätzlichen „Kompetenz“, nämlich der Haupttopf für die gerade wieder von der Bundesregierung (wie auch der grünen Fraktionschefin Künast) priorisierte Elektromobilität, auch mehr Mittel in das Sondervermögen umgeschichtet werden. Im Gesetztestext steht nichts, doch wenn die Stellen aus den Einzelplänen der vier derzeit beteiligten Ministerien verschwinden, müsste das Geld ja irgendwohin fließen.

Konkreter, aber dafür leider nicht schöner, ist die neue Regelung (§ 2, Abs 1, Satz 2), die es stromintensiven Unternehmen erlaubt, „zum Ausgleich von emissionshandelsbedingten Strompreiserhöhungen“ bis zu € 500 Mio aus dem Fonds zu bekommen. Das ist v.a. dann kontraproduktiv, wenn sie Stromverbrauch belohnt. Es ist unklar, was hier für Preiserhöhungen gemeint sind – denn diese sollen ja bei höherem Verbrauch ein Anreiz zum Sparen sein. Somit kann eine Kompensation eigentlich nur dann halbwegs akzeptabel sein, wenn sie an Energieeffizienzmaßnahmen gekoppelt ist oder als Bonus für die Kappung von Leistungsspitzen (was auch die Netze entlasten würde) gewährt wird (siehe hierzu das Statement von Ingrid Nestle, MdB)

Die Kritik am Sondervermögen kann übrigens noch viel grundsätzlicher werden: Hat es nach dem Wegfall des Atomgeldes vielleicht jegliche Existenzberechtigung verloren und ist eine Art Schattenhaushalt? Es vermindert die Transparenz und politische Steuerungsfähigkeit einerseits, kann aber andererseits eine langfristigere Planung von Klimageldern begünstigen. So sind auch die Einschätzung von Grünen und Öko-Institut hier gegenläufig. Die einen reden von einem schlechten PR-Gag (Grüne BTF), während die anderen es „ausdrücklich begrüßen“ (Öko-Institut).

Unterm Strich ist im Sondervermögen also – wenn das Gesetz so durchkommt – mehr Geld drin. Dieses Jahr schon statt atomaren € 300 Mio doppelt so viel aus dem Emissionshandel. Wie viel davon in den internationalen Klimaschutz fließt, steht allerdings in den Sternen. Zum Einen kommt, neben den anderen Punkten, mit der Elektromobilität ordentlich Konkurrenz in den Topf, zum Anderen steht der Punkt „687 Internationaler Klima- und Umweltschutz“ leider immer noch unter einer Haushaltssperre und für dieses Jahr sind nur lächerliche € 35 Mio freigegeben worden.

Und selbst wenn, in den „Zweckbestimmungen“ zu diesem Posten steht immer noch: „Die Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen müssen mindestens zu 90 Prozent ODA-anrechenbar sein.