Altmaiers Abmoderation der Energiewende

Zugegeben, es ist schon schwer mit der Energiewende. All die tollen Vorteile wie Grüne Jobs, lokale Werschöpfung, sinkende CO2-Emissionen usw. wollen nicht so recht überzeugen, wenn der Strompreis steigt. (Ab 2013 um mindestens 1.7 ct/kWh weil die EEG-Umlage so viel steigen wird. Ein Drittel davon übrigens auf Grund des starken Zubaus bei der Photovoltaik.) Zudem sind die Netze noch nicht da, um den Strom vom Norden in den Süden zu bringen, was zumindest mit Blick auf trübe Winterwochen und den EU-Strommarkt unabdingbar ist.

Peter Altmaier, Bundesumweltminister und Freund, Feind, Reformer (?) des EEG.
Peter Altmaier, Bundesumweltmoderator und Freund, Feind, Reformer (?) des EEG. Bild: CDU/CSU-Bundestagsfraktion/Christian Doppelgatz

Nun gab es gestern einen neuen Verfahrensvorschlag des amtierenden Bundesministers im Umweltministerium. Damit will der einstige Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion und heutige Energiewende-Moderator mit Teddy-Image eine Richtung für die Energiewende vornehmen, welche den bockigen kleinen Koalitionspartner genauso mitnimmt wie kritischkriselnde Grüne oder aufgeregte Verbraucherzentralen. Gelingen tut es ihm nicht, auch wenn er es so sieht (auf Twitter: „@peteraltmaier Morgenpresse studiert: Lob in der Mitte, gegensätzliche Kritik von Links und Rechts: So schlecht können meine Vorschläge demnach nicht sein.„).

Was genau will Altmaierjetzt?

Er will das EEG angeblich erhalten, aber doch komplett verändern. Die zentralen Stützen sollen gekippt werden (Einspeisevergütung und/oder Einspeisevorrang) und gleichzeitig das Überbleibsel mit weiteren Augaben beladen werden. Besonders prominent ist sein Vorschlag, das EE-Ziel der BRD von 35% auf 40% zu heben. Toll, oder? Nein! Vorher war es nämlich ein „mindestens 35%“-Ziel, jetzt sollen es „maximal 40%“ sein. Statt faktisch auf 47% Erneuerbare (Prognose der Branche) und damit auch auf Klimaschutz, bessere Wertschöpfung usw. zu zielen, gibt es jetzt quasi eine 60%-Garantie für fossile Kraftwerke. Da fällt es schon garnicht mehr auf, dass mit dem 80%-Ziel bis 2050 faktisch auch ein nötiges (und gerade noch mögliches) deutsches Klimaziel von -95% CO2-Emissionen 2050 auf den Abfall befördert wird.

Altmaier sieht sich wohl als Kassandra, mit seinem Ruf nach mehr Koordination. Doch sind wir ehrlich: dabei geht es um Politik und ein Ausbremsen derer, die ambitioniert sind. Nun ist die Katze aber endlich aus dem Sacke und es heißt „Nächste Station: Planwirtschaft.“ Hinter seinen verschrobelten Formulierungen, die lediglich zum Format des ganzen Papier passen, nicht aber zu diesem Land, zur Innovationskraft und proklamierten „energy wende“, versteckt sich der Versuch, die Nordländer beim EE-Ausbau zu bremsen, bis Netze ausgebaut und der Süden aufgeholt hat. Klingt logisch, doch wer sich nach dem schwächsten Glied richtet, kann halt nicht ambitioniert voran gehen. (Altmaiers Antwort darauf hier) Bestes Beispiel: die Klimaverhandlungen. Der EE-Ausbau sollte die Regierung dazu treiben, endlich mal mit ihren Hausaufgaben fertig zu werden.

Schade für Altmaier, dass er auch beim Versuch der forcierten „Verteilungsgerechtigkeit“ (seine Wortwahl!) keinerlei Kompetenz hat. Wenn Schleswig-Holstein dank Wind wieder auf die stolze Rate von +300% Strom kommen will (hatte es auch mit Brokdorf und Brunsbüttel), dann dürfen sie das auch. Und das ist auch gut so! Die Länderziele sind ja teilweise langfristiger als die Bundesziele und in einer 25%-EE Situation (bei klarem Langfristziel von 100% EE) müssen wir uns doch bitte nicht aufregen, wenn mal jemand etwas mehr machen will.

Übrigens: Er stellt sich parallel zum „EEG 2.0“ dazu eine „Strategische Reserve“ vor (welche das zuständige BMWi übrigens explizit ablehnt). Das zeigt m.E. auch, dass die derzeitige Diskussion um Kapazitätsmärkte von der Regierung ignoriert wird, weil sie lieber ein System von „Reserve“ + Rumpf-EEG haben will. Letzeres soll zum einen Speicher und Lastmanagement noch aufnehmen, zum anderen möglichst so gestaltet werden, dass die Teilnehmer_innen möglichst schnell in den – nicht funktionierenden! – Markt geekelt werden soll. Konsequenterweise wird die Direktvermarktung ausgebaut (natürlich ohne konkret zu werden).

Als Sahnehäubchen: Altmaier ist von seinem klaren Wort, das ganze erst nach der BTW-2013 groß aufzurollen, abgerückt. Nun soll es einen Prozess geben, welcher eine breite Mehrheit bis hin zum Konsens finden soll – das ganze bis Mai 2013. Dann will er wohl pünktlich zum Wahlkampfenspurt was präsentieren. Ich schüttel beim Schreiben dieser Mail den Kopf. Das alles ist ein typischer „Altmaier“: ad hoc aus dem Ärmel und wenig durchdacht.

So geht Energiewende nicht!

Achso: Zu Strompreisen und Netzausbau äußerte sich Altmaier gestern übrigens nicht und seine Vorschläge lassen diesbezüglich auch keine Wirkungsmächtigkeit erwarten: Strom wird auch so teurer (v.a. wegen steigender Rohstoffpreise) und Netze müssen auch dann kommen, wenn wir den Jobmotor EEG in Ländern wie MeckPom begrenzen.


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