Die Backloading Entscheidung des EP und warum Shell den ETS lieber mag als die Alternativen

Die Ablehnung des Backloading-Vorschlags im Europäischen Parlament am 16.4. hat richtige Schockwellen durch die europäische Klima-Community gesendet. Die NGOs überbieten sich mit Schelten von Rösler, Merkel und Co. Richtig so! Es ist ein schlechtes Zeugnis für die europäische Klimapolitik, dass es noch nicht einmal gelingt, eine solche Schönheits-OP am Emissionshandel vorzunehmen. Und es ist auch richtig, dass wir dies der starken Lobby von BASF, RWE, Business Europe und anderen zu verdanken haben, die immer noch so dreist sind, ihr Festhalten am fossilen System unverblümt in die Welt zu posaunen. Gänzlich unschuldig an diesem Desaster ist dabei übrigens die Kampagne „Scrap the ETS“ – auch wenn das manche nun aus Verzweiflung und angesichts des eigenen Versagens anders sehen wollen.

Interessant sind nun aber vor allem die Reaktionen der verschiedenen Akteure (Kommission, Abgeordnete, NGOs, Konzerne…) auf die Ablehnung und ihre Überlegungen dazu, was das für die Zukunft europäischer Klimapolitik bedeutet. Interessante Einblicke in die Interessen und Taktik eines Konzerns wie Shell (der gemeinsam mit E.ON und anderen übrigens öffentlich stark für das Backloading geworben hat), gab dabei letzte Woche David Hone (Shell’s senior advisor climate change) bei einer Konferenz des BMU: Shell unterstützt die Reform des ETS, weil die Alternative (verbindliche Regulierung aller Kraftwerke und Einrichtungen mit dem Ziel des Ausstiegs aus den Fossilen) in jedem Fall schlimmer wäre. Das Problem mit dem ETS, so Hone, sei nicht der Preis oder das Überangebot (Wie auch? Shell und andere verdienen ja mächtig daran und wollen das auch in Zukunft tun!), sondern die Tatsache, dass es neben dem ETS noch andere Politiken und Ziele gibt (Erneuerbare Energien / Einspeisevergütung, Effizienzrichtlinie usw.). Ziel müsse es doch sein, dass es nur noch ein Ziel und ein Instrument gibt und der Markt dann den Energiemix bestimmt (aus Sicht von Shell heißt das vor allem: CCS).

Business Europe begrüßt in seiner Presseerklärung die Entscheidung des EP und betont:

“The European Parliament expressed its support for a market-based instrument and rejected political interference. It is time to move past the divisive and unhelpful debate around backloading and focus on the real priorities for the EU: how to secure a cost-competitive, secure and climate-friendly energy policy for 2030. The increasing energy cost gap with the US is a major challenge for European business which must be tackled”

Und das klingt doch dann schon wieder sehr ähnlich wie bei Shell: Der ETS ist eh tot. Jetzt geht es darum, dafür zu sorgen, dass die EU Klimapolitik für 2030 ganz im Sinne der Öl-, Chemie- und Agrarlobby gestaltet wird: Erneuerbare-Energien-Einspeisevergütung kippen, CCS-salonfähig machen, Einstieg in Schiefergas und in der Zwischenzeit dafür sorgen, dass neue Kohlekraftwerke (und außerhalb Deutschlands auch Atomkraftwerke) gebaut werden.

Shell und E.ON sind nicht die „Guten“ und haben auch definitiv nicht die gleichen Interessen wie „wir“. Aber sie sind ein bisschen schlauer und weniger plump in ihrer Taktik als andere Business Akteure – und leider auch als manch/e Umweltschützer/in.

Immerhin – so könnte man es positiv sehen – haben wir jetzt die Debatte, die wir brauchen: „“Since Parliament has made it clear that they don’t support backloading, we now urge all branches of EU government to propose alternative solutions to support Europe’s transformation into a low-carbon economy.” (CAN Europe) Und in diese Debatte sollten wir gut vorbereitet und mit gemeinsamer Kraftanstrengung gehen!


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