Energiewende als Familienunternehmen (4)

Gastbeitrag von Karl Tack (siehe auch „Energiewende als Familienunternehmen“ 1-3)

Liebe Lili,

gerne nehme ich mir die Zeit, auf Deine Statements zu antworten. Bisher ist unsere Diskussion doch sehr spannend. Ein Dialog zwischen Wirtschaft und Klimaschützern kann doch nicht verkehrt sein. Zu oft wird dieser nicht geführt.

Ich werde versuchen, auch diesmal wieder auf die Argumente einzugehen. In Deinem ersten Absatz befürwortest Du öffentliche und im Gemeinwohlinteresse durchgeführte Kampagnen. Einverstanden. Aber wer definiert das Gemeinwohlinteresse? Und welche Kampagne meinst Du zum Beispiel? Ich kenne kaum ein Beispiel, wo es nicht auch Gegenstimmen gäbe, die sich für ihre Sicht des Gemeinwohls einsetzen. Wer entscheidet, was Gemeinwohl ist? Ich habe keinerlei Verständnis dafür, dass unter Missachtung der politischen Willensbildung in demokratisch legitimierten Gremien selbsternannte Gutmenschen darüber entscheiden, was im Interesse der Gesellschaft und des Einzelnen ist.
Aber das ist nicht der Punkt. Liebe Lili, wenn Du nicht zur Kenntnis nimmst, mit welcher Vehemenz die Lobby der Erneuerbaren in Berlin teilweise politisch Einfluss nimmt, um ihre privatwirtschaftlichen Profite zu schützen, dann haben wir eine grundlegend unterschiedliche Wahrnehmung. Das ist aber genau das, was du anprangerst. Es entspricht schlicht nicht der Realität, die Branche der Erneuerbaren als altruistische Versammlung am Gemeinwohl orientierter Bürger anzusehen und auf der anderen Seite die Energieversorger allein ihrer Größe wegen als böse zu brandmarken. Diese digitale Sicht der Dinge wird der Komplexität der Sache nicht gerecht. Der Lobbyismus der Erneuerbaren ist nicht von schlechten Eltern, so viel steht fest.

Und auch beim zweiten Punkt gibst Du mir ja indirekt Recht, wenn ich einen optimierten CO2-Handel fordere. Ich denke nämlich auch, dass dieses Instrument weniger Abwanderungen auslöst. Das untermauerst Du ja mit der angesprochenen Studie auch.
Was aber durchaus Abwanderungen der effizienten deutschen Industrien auslöst, sind die hohen Strompreise aufgrund unserer nationalen Gesetzgebung. Das mag nicht mit einem plötzlichen Ruck passieren, aber in der Praxis werden Investitionsentscheidungen für energieintensive Prozesse immer öfter gegen Deutschland getroffen.

Bei den Kohlekraftwerken gebe ich Dir teilweise gerne Recht. Natürlich ist das eine sehr langfristige Investitionsentscheidung. Zumal auch ich denke, dass in nicht allzu ferner Zukunft die Erneuerbaren dominant zur Energieversorgung beitragen werden. Aber, deswegen benötigen wir, zumindest solange wir keine Speicher haben, trotzdem Back-Up-Kapazitäten. Sie müssen ja nicht ständig laufen, sondern nur für den Notfall einspringen. Einen Stromausfall können wir uns einfach in einem hoch industriealisierten Land nicht leisten. Die Auswirkungen wären für viele Unternehmen existenzbedrohend und auch für die Bürger sehr teuer.

Also, wir brauchen die Kraftwerke als Sicherheit. Das gefällt mir auch nicht unbedingt, leider ist es aber so! Und das schafft viele Probleme. Soweit bekannt, sind die Speichertechnologien derzeit aber nur begrenzt verfügbar oder verdammt teuer. Und Atomstrom kommt nicht in Frage. Gaskraftwerke rechnen sich leider nicht. „Power to Gas“ unter Nutzung des freiwerdenden C02 bei Biogasanlagen, ist aktuell leider auch noch Zukunftsmusik. Also, wie sieht Dein Weg für eine sichere Stromversorgung aus, wenn Du fossile Kraftwerke nicht willst?

Eins können wir aber nicht machen: Die Erneuerbaren ohne Rücksicht auf Preise, Bedarf und Versorgungssicherheit ausbauen. Und dazu vielleicht auch noch wahnsinnig teure Speicher subventionieren. Damit zerstören wir die Akzeptanz für die Energiewende. Denn bei aller Sympathie für die Energiewende sind die Bürger doch nur begrenzt bereit, für diese Ziele Geld auszugeben. Irgendwann ist die Schraube auch überdreht. Das möchte ich eigentlich nicht.

Auch im nächsten Punkt kann ich Dir nur Recht geben. Energieeffizienter zu wirtschaften ist der Königsweg des Klimaschutzes. Ich weiß aus unserem Verband, dass hier viele Unternehmen schon aktiv geworden sind. Übrigens ganz ohne staatlichen Zwang, da sparen den Gewinn erhöht. Wir bei Rhodius jedenfalls arbeiten schon längere Zeit am Aufbau eines Energiemanagementsystems und prüfen neben zahlreichen Maßnahmen zur Energieeinsparung auch die Installation eines BHKWs. Ich bin da ganz optimistisch, dass mit noch mehr Aufklärung auch weitere Potenziale gehoben werden. Wir FAMILIENUNTERNEHMER arbeiten auch immer wieder daran, die Potenziale für die Unternehmen aufzuzeigen. Denn in der Regel sind ökonomisch sinnvolle Maßnahmen zugleich auch ökologisch wertvoll.

Wir FAMILIENUNTERNEHMER sind in unserer ganzen Verbandshaltung gegen hohe Marktkonzentrationen und für Wettbewerb. Da rennst Du bei mir offenen Türen ein. Die Liberalisierung des Energiesektors und die Energiewende haben doch hier zu großen Erfolgen geführt. Und auch der Abbau umweltschädlicher Subventionen ist mir sehr recht. Wir kämpfen gegen jede Form der Subventionierung. Gegen die Subventionierung fossiler Energien genauso wie gegen die dauerhafte Subventionierung der Erneuerbaren.

Zum Schluss: Wenn ich schreibe, dass die Dominanz des Staates und der Einsatz von planwirtschaftlichen Instrumenten kein sinnvolles Modell für Problemlösungen darstellt, dann ist das von Dir konstruierte Gegenmodell in Form von Dominanz des Marktes und (wirtschaftlicher) Machtkonzentration gleichermaßen untauglich zur Lösung von Problemen. Ich kenne aber ein Beispiel, wo hohe Wettbewerbsintensität, ein souverän lenkender Staat unter Anerkennung marktwirtschaftlicher Gestaltungsmechanismen das Vermögen der Gesellschaft vermehrt und soziale Sicherheit beachtlich erhöht hat: Deutschland. Dass auf Basis des erreichten Wohlstandes auch mehr für die Umwelt getan werden kann, freut nicht nur Dich, sondern auch mich als Unternehmer.

Lieber Gruß,

Karl


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