Müssen RWE, RAG und HeidelbergCement für Schäden und Verluste durch Klimawandel aufkommen?

Während die Regierungen der Industrieländer und auch die deutsche Bundesregierung kaum in der Lage oder bereit sind, öffentliche Gelder für Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen zur Erreichung des 100 Milliarden Dollar-Ziels zur Verfügung zu stellen, machen Konzerne auf Kosten des Klimas hohe Gewinne. Was liegt also näher, als sie an den Kosten ihres Tuns zu beteiligen und auf diese Weise eine neue Quelle für die Klimafinanzierung zu erschließen?

Denn gleichzeitig werden Millionen von Menschen im Globalen Süden durch Dürren, plötzliche Wirbelstürme und Flutwellen bereits zu unschuldigen Opfern des Klimawandels. „Loss and Damage“ bezeichnet die Auswirkungen des Klimawandels, die so extrem sind, dass sie durch Anpassungsmaßnahmen nicht mehr aufgefangen werden können. Sie reichen von Extremwetterereignissen (z.B. Dürren, Überflutungen) bis zu sog. ‚slow-onset events‘, also beispielswiese den Anstieg des Meeresspiegels, ansteigende Temperaturen, Ozeanübersäuerung oder den Rückzug der Gletscher. Ebenso dazu zählen Versalzung und Degradation von Böden und Wäldern, Verlust von Biodiversität und die Ausbreitung der Wüsten.

Diejenigen, die durch den Ausstoß riesiger Mengen CO2 maßgeblich zu den veränderten Klimabedingungen beigetragen haben – nämlich internationale Großunternehmen wie Chevron, ExxonMobil und Saudi Aramco, aber auch RWE, RAG und HeidelbergCement – erwirtschafteten dagegen über Jahre hinweg satte Gewinne.

Die 90 größten Klimasünder sind die sog. „Carbon Majors“. Der Carbon Majors report wurde erstmals im November 2013 veröffentlicht. Dieser bahnbrechende Bericht ist das Ergebnis einer achtjährigen Recherche von Rick Heede, der hierfür die historischen Emissionen der 90 größten Öl-, Gas- und Kohlekonzerne sowie der größten Zementproduzenten aggregiert hat, um zu zeigen, dass die fossilen Energieträger, die sie gefördert und der Zement, den sie produziert haben, für 63 % der globalen Emissionen verantwortlich sind. Die drei größten Klimasünder sind ChevronTexaco mit 3,51 % der globalen Emissionen, ExxonMobil mit 3,21 % und Saudi Aramco mit 3,17 %. RWE steht mit 0,47 % an 23. Stelle, die RAG mit 0,08 % an Stelle 62 und HeidelbergCement verantwortet 0,04 %.

Das heute von der Heinrich-Böll-Stiftung und dem Climate Justice Programme vorgelegte Diskussionspapier „Carbon Majors Funding Loss and Damage“ schlägt vor, die Klimasünder künftig für den verursachten Schaden in die Pflicht zu nehmen und plädiert für die Einführung einer Abgabe auf fossile Energieträger, die den Opfern des Klimawandels zu Gute kommen soll. Die Unternehmen sollten bis 2020 etwa 50 Milliarden US Dollar zur Verfügung stellen. Man könnte mit ungefähr zwei US-Dollar pro Tonne CO2 starten. Danach könne die Abgabe schrittweise um fünf bis zehn Prozent erhöht werden, um zu einem vollständigen Ausstieg aus den fossilen Energien und einem Einstieg in erneuerbare Energien beizutragen. Diese Gelder müssten dann in den auf der Klimakonferenz in Warschau beschlossenen Internationalen Mechanismus für Verluste und Schäden (Warsaw International Mechanism for Loss and Damage) fließen, der den ärmsten und durch den Klimawandel am stärksten gefährdeten Gemeinschaften zugutekommen soll. Die Höhe der Abgabe für das jeweilige Unternehmen solle aus seinen bisherigen und zu erwartenden Emissionen errechnet werden.

Die Produkte der drei deutschen „Carbon Majors“ sind zusammen für ca. 0,6 % der globalen Emissionen verantwortlich. Die Bundesregierung muss sich überlegen, wie sie die Konzerne an den Kosten für die von ihnen verursachten Schäden und Verluste beteiligt. Dies könnte den Beitrag der privaten Mittel zur internationalen Klimafinanzierung nachhaltig erhöhen. In der Wirtschaft gilt das Verursacherprinzip, im internationalen Recht das „Do no harm“-Prinzip („Richte keinen Schaden an“). Was für Ölunfälle oder Schäden durch nukleare Störfälle längst Standard ist, muss auch für die Schäden des von Menschen gemachten Klimawandels gelten.

Die Idee hat promintente Unterstützung, u.a. durch Naderev (Yeb) Saño, klimapolitischer Verhandlungsführer der Philippinen bei der UNFCCC und Mitglied der Climate Change Commission der Philippinen. In den Philippinen hat der Taifun Haiyan (Yolanda) im letzten Jahr 6300 Tote, vier Millionen Obdachlose und einen Schaden von zwei Milliarden US Dollar verursacht.

P.S.: Der Ansatz, die fossilen Konzerne finanziell in die Pflicht zu nehmen, geht übrigens Hand in Hand mit einer Strategie, die auf (straf)rechtliche Verfolgung der Verantwortlichen setzt. Hierzu haben vor Kurzem Greenpeace International, WWF und das Centre for International Environmental Law (CIEL) den Chefs und wenigen Chefinnen der ‚Carbon Majors‘ sowie ihren Haftpflichtversicherungen Briefe geschickt. In den legen sie nahe, dass die Manager/innen persönlich dafür haften müssen, wenn ihr Unternehmen Klimawandelskeptiker oder Lobbyismus gegen wirksame Klimapolitik finanziert.


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