Blut in deutschen Kohlekraftwerken

„Kohle aus Kolumbien – Blut in deutschen Kraftwerken“ titelt heute die taz in einem Artikel über Menschenrechtsverletzungen im Steinkohlebergbau in Kolumbien. Steinkohle wird in Deutschland aktuell zu ca. 80 % und ab 2018 zu 100 % importiert, und zwar vor allem aus Russland, Kolumbien, den USA und Südafrika. In Kolumbien hat der Kohlebergbau zu massiven Menschenrechtsverletzungen beigetragen. In den USA wird die Kohle zum Teil im ökologisch desaströsen Mountaintop Removal Verfahren abgebaut und in Südafrika bedroht die Kohlegewinnung vielerorts die Trinkwasserversorgung. Über die Situation in den russischen Zechen und Tagebauen dringen kaum Informationen nach draußen.

Auf Einladung von urgewald und PowerShift präsentiert vor zwei Tagen die niederländischen Organisation PAX in Berlin den Recherchebericht „The dark side of Coal“, auf den sich auch die taz bezieht. Darin untersucht PAX die Verstrickung zwischen den Kohleunternehmen Drummond und Prodeco/Glencore und Paramilitärs in Kolumbien. PAX hat dafür in den vergangenen drei Jahren Interviews mit Opfern von Menschenrechtsverletzungen sowie ehemaligen Kommandeuren der Paramilitärs, Beschäftigten der Bergbauunternehmen und ihren Zulieferern geführt. Darüber hinaus wertete PAX gerichtliche Zeugenaussagen und eidesstattliche Erklärungen aus:

„Aus zahlreichen Aussagen geht hervor, dass besonders Drummond, aber auch Prodeco, in verschiedener Weise mit den Paramilitärs der Juan Andrés Alvarez Front kooperiert haben. Wir haben neun Quellen, die besagen, dass Drummond die Paramilitärs zwischen 1996 und 2006 mit bedeutenden Summen finanziell unterstützt hat“, erklärt Marianne Moor von PAX. Aus den Aussagen ehemaliger Paramilitärs geht hervor, dass die Bergbauunternehmen zudem Informationen an die Armee und die Juan Andrés Alvarez Front weitergegeben haben, etwa über Aktivitäten entlang der Eisenbahnlinie, oder kritische Gewerkschafter. Drei ehemalige Paramilitärs erklärten, dass die Ermordung von drei Gewerkschaftsführern im Jahr 2001 ein Ergebnis dieser Zusammenarbeit war. „Die Zeugenaussagen sowohl von Opfern als auch Tätern machen deutlich, dass die Bergbauunternehmen bis heute von dieser Kooperation profitieren. Die Paramilitärs haben Zehntausende Einwohner aus der Region vertrieben. Die Morde und Morddrohungen haben den Kampf der Gewerkschaften für bessere Arbeitsbedingungen nachhaltig geschwächt. Und die Gewalt hat fast alle kritischen Stimmen aus der Zivilgesellschaft zum Schweigen gebracht“, so Moor (Quelle: urgewald).

Die taz schreibt:

Gegen den US-Konzern Drummond wurde bereits eine Klage in den USA wegen der Ermordung von drei Gewerkschaftern im Jahr 2001 durch Paramilitärs eingereicht, aber nicht zugelassen. Unstrittig ist aber laut kolumbianischen Gerichten, dass Drummond mindestens 900.000 US-Dollar an Paramilitärs gezahlt hat. Allein im Verwaltungsbezirk Cesar gab es der Pax-for-Peace-Studie zufolge zwischen 1996 und 2006 rund 2.600 gezielte Morde, 500 Opfer von Massakern und mindestens 240 Verschwundene. Zudem wurden rund 55.000 Menschen aus der Region von den Paramilitärs vertrieben. Drummond weist alle Verantwortung von sich und hat Pax for Peace bereits mit Klagen gedroht, sollte die Studie veröffentlicht werden. Weder Glencore noch Drummond waren der taz gegenüber zu einer Stellungnahme bereit.

 

Die Bettercoal Initiative der Industrie (bei der auch RWE, Vattenfall und e.on Mitglied sind) ist übrigens eine Antwort auf zunehmende öffentliche Kritik gegenüber den Kohleimporten, bietet aber keine Lösungen für die drängendsten Probleme: Die Lieferkette bleibt auch mit Bettercoal intransparent, Auditergebnisse werden nicht veröffentlicht, verbindliche Standards und Sanktionierungsmöglichkeiten sind nach wie vor Fehlanzeige. Mehr dazu gibt es in einer Stellungnahme von NGOs.


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