Konfliktmineralien: verbindliche Sorgfaltspflichten oder Freiwilligkeit für die Industrie?

Morgen (Mittwoch, 22. April), gibt es im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (AwZ) des Bundestages von 10 bis 13 Uhr eine öffentliche Anhörung zum Thema „Unternehmensverantwortung – Freiwilligkeit oder Verbindlichkeit?“– Speziell geht es im ersten Teil um Transparenz von Zahlungsflüssen in den extraktiven Industrien sowie um menschenrechtliche Sorgfaltspflichten in den Lieferketten international agierender Unternehmen. Im zweiten Teil befasst sich der Ausschuss dann mit der Frage von Klage- und Sanktionsmöglichkeiten gegen Konzerne.

Zum Thema Konfliktrohstoffe (Transparenz von Lieferketten) ist Michael Reckordt als Koordinator des Arbeitskreises Rohstoffe geladen. Der AK Rohstoffe, ein Zusammenschluss deutscher Entwicklungs-, Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen, betrachtet mit Sorge, wie die deutsche Industrie (allen voran der BDI, der in Person von Matthias Wachter ebenfalls zur Anhörung geladen ist) versucht, verbindliche Sorgfaltspflichten abzuwehren und auf die Einführung von freiwilligen Standards drängt – die nachgewiesernermaßen nicht wirken.

Aktuell wird auf europäischer Ebene eine Richtlinie zum Handel mit Konfliktmineralien verhandelt. Leider hat der Außenhandelsausschuss des Europäischen Parlaments (INTA) letzte Woche (14. April) für einen sehr schwachen Entwurf (einer ohnehin schwachen Vorlage der Europäischen Kommission) gestimmt, was wenig Hoffnung macht für eine umfassende und verbindliche Regulierung auf EU-Ebene. Gerade deshalb ist die deutsche Debatte hierzu höchst aktuell und relevant.

Michael Reckordt fordert daher in seiner Stellungnahme an den AwZ:

Es braucht eine verbindliche Verpflichtung der Industrie zu Sorgfaltspflichten. Diese sollten angelehnt sein an die OECD-Due Diligence-Leitlinien, die von Regierungen, Unternehmen und Zivilgesellschaft ausgearbeitet worden sind. Diese Regulierung muss alle Industrie-Sektoren umfassen. Hierzu möchte ich aus einer Stellungnahme eines kleinen Elektronikunternehmens aus Süddeutschland zitieren: „Für einen verantwortungsvollen Produzenten ist es von zentraler Bedeutung, dass nicht nur die direkten Metall-Importeure zur Sorgfalt im Lieferkettenmanagement verpflichtet sind […]. Vielmehr muss die Verpflichtung für alle Händler und Kleinteil- und Bauteil-Produzenten gelten, ebenso wie für die Hersteller der Endgeräte wie wir es sind. Nur auf diese Weise, wenn alle Unternehmen der Lieferkette ihren Anteil an der Verantwortung tragen, kann die Kontrolle einer gewissenhaften Umsetzung durch die verantwortungsbewusste Öffentlichkeit geleistet werden.“ Verordnung und Gesetze müssen so formuliert sein, dass sie Sorgfaltspflichten für sämtliche Rohstoffe umfassen. Die Konzentration auf einzelne Rohstoffe rührt daher, dass ursprünglich nur die Region der Großen Seen fokussiert wurde. Für eine regional nicht begrenzte EU-Richtlinie ist diese Auswahl aber willkürlich. Wir sehen Unternehmen aus Europa oder Deutschland in der Pflicht, ihre Lieferketten global zu prüfen. Es braucht einen weltweiten Anwendungsbereich. Wir sind gegen die von einigen Industrieverbänden geforderten statischen Länderlisten. Sie bergen die Gefahr von embargoartigen Blockaden einzelner Länder, während Konflikte und Menschenrechtsprobleme in anderen Ländern nicht beachtet werden. Statische Länderlisten können auch nicht auf Veränderungen in den Konfliktregionen eingehen, im Gegenteil sie können gar Hintergrund für diplomatische Verstrickungen sein. Der Auswärtige Dienst der EU kann hier unterstützend tätig werden.

Hintergründe zur EU Regulierung und der Notwendigkeit einer verbindlichen Regulierung finden sich auf der Kampagnenhomepage von Global Witness, in diesem Beitrag von Michael Gibb bei Project Syndicate und natürlich im Forderungspapier des AK Rohstoffe.

 

 


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