Amerika in Not?

Reiseeindrücke aus Pennsylvania und New York State

von Annette Kraus

Wer in den USA die amerikanische Flagge umgekehrt aufhängt, verunglimpft damit keinesfalls ein nationales Symbol: Die auf dem Kopf stehende Flagge ist der militärische Code für eine drohende Gefahr. So sehen es – darüber wurde in diesem Blog bereits berichtet – manche Bewohner des Bundesstaates Pennsylvania. Die negativen Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen trägt eine Nichtregierungsorganisation zusammen, mühsam und nicht mit der allergrößten Unterstützung der Gesundheitsbehörden.
Es sind nicht nur die Menschen und die Umwelt vor Ort, für die das Fracking problematisch ist. Gas wird angepriesen als „Brückenbrennstoff“, da die CO2-Emissionen bei der Verbrennung deutlich niedriger sind als bei Öl oder Kohle. Hochproblematisch allerdings ist, dass das im Prozess der Gewinnung durch Fracking ungewollt und unkontrolliert entweichende Methan ein um ein vielfaches potenteres Treibhausgas ist als CO2. Die Cornell University in Ithaca, New York hat zu diesem Thema von der Industrie unabhängige Studien erarbeitet, die in ihrer Warnung und Ablehnung von Fracking klarer nicht sein könnten.

Auch ein Winzer aus dem Staat New York setzte sich für ein Verbot des Fracking ein. (Foto: Annette Kraus)
Auch ein Winzer aus dem Staat New York setzte sich für ein Verbot des Fracking ein. (Foto: Annette Kraus)

Den Öl- und Gasunternehmen wurde das recht sorglose Agieren übrigens erleichtert durch sehr bequeme gesetzliche Vorgaben: Im Gesetz zur Energiepolitik der Regierung George W. Bush von 2005 wurde für das hydraulische Fracturing der amerikanischen Umweltschutzbehörde EPA explizit die Kontrollautorität entzogen. Dieses gesetzliche Schlupfloch wurde vom damaligen Vizepräsidenten Cheney verantwortet und wird daher süffisant „Halliburton Loophole“ genannt. Cheney war langjähriger Geschäftsführer von Halliburton, der Firma, die das Fracking erfunden haben soll.
Im Bundestaat New York wurde im Dezember 2014 ein Fracking-Verbot beschlossen. Ein breites Netzwerk aus Politiker/innen, Ärzt/innen, prominenten Wissenschaftler/innen, Vertreter/innen der indianischen Gemeinschaften und anderen Anwohner/innen hat mit intensiver Kampagnenarbeit diese Entscheidung erkämpft.

Der Gouverneur des Bundesstaates hat neben viel Lob auch viel Kritik für diese Entscheidung hinnehmen müssen. Die Hinweise auf die hohen Gesundheitsrisiken waren jedoch zu stark. Der Bundestaat New York bietet zudem die wichtigsten Wasserreservoirs für die Trinkwasserversorgung des Großraums New York City – 9 Millionen Menschen. Umfangreiche wissenschaftliche Untermauerung wurde im Juni 2015 nachgeliefert: Die Umweltbehörde des Bundestaates New York veröffentlichte eine Studie, die sich im Detail mit den Risiken für Gesundheit, Wasser- und Luftverschmutzung, Erdbebengefahr, Strahlung, Lagerung der Frackingrückflüsse, sozioökonomischen Folgen und den Auswirkungen auf die Infrastruktur befasst.
In der Infrastruktur liegt auch gleich der nächste Schauplatz für Auseinandersetzungen: Das in Pennsylvania geförderte Gas muss mit Pipelines transportiert werden, Zwischenlager für das Gas sollen auch in New York errichtet werden. Immer wieder blockieren Anwohner und Umweltschützer derartige Einrichtungen und es kommt zu vorübergehenden Festnahmen, wie zum Beispiel in der vergangenen Woche in Crestwood.
Vieles wurde nun gesagt zu Kritik und Widerstand. Was jedoch was sagen die betreffenden Unternehmen? Wir hätten es gern gewusst und sie mit unseren Fragen und Zweifeln konfrontiert. Leider wollte keines der angefragten Unternehmen mit uns sprechen.

Sicheres Fracking? Rauchen auch draußen verboten. Warnschild in der Nähe von Dimock, Pennsylvania. Foto: Alexandra Magaard
Sicheres Fracking? Rauchen auch draußen verboten. Warnschild in der Nähe von Dimock, Pennsylvania. Foto: Alexandra Magaard

Es bleiben die Eindrücke zerstörter Landschaften und zersplitterter Gemeinden. Der wichtigste Rat an potentiell betroffene Bürger/innen wurde uns in Albany, New York, gegeben: „Wenn sie bei dir mit dem Fracking anfangen wollen, besorg dir einen Anwalt!“