Das neu gegründete internationale Netzwerk “Stay Grounded” wird in den kommenden Wochen zahlreiche Protestaktionen veranstalten, um das ungebremste Wachstum des Flugverkehrs in Frage zu stellen. Über 100 Organisationen, darunter der Deutsche Naturschutzring (DNR), der BUND und Friends of the Earth International, unterstützen den heute vorgestellten Aktionsplan für einen gerechten und ökologischen Umbau des Transportsystems. In Deutschland wird das Netzwerk von der Gruppe “Am Boden bleiben” repräsentiert.
In den nächsten zwei Wochen sind weltweit Proteste und Aktionen geplant.
“Die Proteste richten sich gegen den geplanten massiven Ausbau des Flugverkehrs”, so Magdalena Heuwieser, Koordinatorin von “Stay Grounded”. Weltweit sind derzeit 1200 Flughafen-Infrastrukturprojekte in Planung oder bereits im Bau. “Die gebaute Infrastruktur schafft Realität. Wir müssen verhindern, dass eine klimaschädliche Infrastruktur für die nächsten Jahrzehnte in Beton gegossen wird.”
Das Flugzeug ist und bleibt das klimaschädlichste Transportmittel, und der Flugverkehr ist derjenige Sektor, dessen Treibhausgasausstoß den steilsten Wachstumskurs verzeichnet. Prognosen zufolge wird sich das Volumen der Luftfahrt in den nächsten zwei Jahrzehnten verdoppeln. Das Öko-Institut warnte 2015 in einem Bericht für das Europäische Parlament, dass die CO2-Emissionen aus dem Flugverkehr im Jahr 2050 einen Anteil von bis zu 22 % der weltweiten Emissionen ausmachen könnten.
In Deutschland sind die Emissionen des Verkehrssektors in den vergangenen Jahren beharrlich gestiegen. Trotzdem genießt die Flugindustrie weiterhin eine Vielzahl von Privilegien und Subventionen. Kerosin wird in Deutschland noch immer nicht besteuert, und internationale Flugtickets sind von der Mehrwertsteuer befreit. Dadurch entgehen dem Staatshaushalt jährlich fast zwölf Milliarden Euro für den Ausbau nachhaltiger Alternativen wie der Bahn.
“Es ist doch grotesk, dass ich heute noch zum halben Preis des Bahntickets von Berlin nach München fliegen kann, während unter mir in Brandenburg schon der Wald brennt”, kritisiert Laura Machler von Am Boden bleiben. “Die Verkehrspolitik in Deutschland muss sich endlich mit der Realität des drohenden Klimakollapses auseinandersetzen und den Flugverkehr schnell und wirksam begrenzen.”
Diesen Oktober trifft die UN-Luftfahrtorganisation wichtige Entscheidungen hinsichtlich der Klimaschutzpläne der internationalen Luftfahrt.
Wie Greenwashing beim Luftverkehr aussieht, hat Magdalena Heuwieser auch in einem aktuellen Beitrag für die Heinrich-Böll-Stiftung beschrieben: Die Illusion des Grünen Fliegens: In Abstimmung mit der Flugindustrie verabschiedete die UN-Luftfahrtorganisation ICAO (International Civil Aviation Organisation) im Oktober 2016 das Abkommen CORSIA (Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation). Es hat zum Ziel, dass die internationale Luftfahrt ab 2020 „CO2-neutral wächst.“ Wie der Name des Programms sagt, steht im Zentrum die Kompensation von Emissionen durch Einsparungen anderer anderswo (Offsetting).
Stay Grounded fordert statt solcher Scheinlösungen den besseren Ausbau von Nachtzügen, die Einführung einer Kerosinsteuer und einer Mehrwertsteuer auf Tickets sowie den Ausbaustopp von Flughafeninfrastruktur.
Aus Deutschland unterstützen bisher folgende Organisationen das Positionspapier von Stay Grounded: Deutscher Naturschutzring DNR, BUND – Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V., Attac, Robin Wood, BUNDjugend, Bergwaldprojekt e.V., BBI Bündnis der Bürgerinitiativen, Aktionsbündnis “aufgeMUCkt”, BI gegen Fluglärm Raunheim, Konzeptwerk Neue Ökonomie, Klima*Kollektiv, Aktionsbündnis Wachstumswende Bremen, Leave it in the Ground Initiative – Lingo, Regenwald-Institut e.V., Forum Ökologie & Papier, Schokofahrt und Labor für Kunst und nachhaltige Bildung.
Lesetipp: Broschüre: Grünes Fliegen – gibt es das?
Fliegen ist der schnellste Weg, die Erde aufzuheizen. Doch der Flugverkehr wächst rasant, hunderte von Flughäfen befinden sich derzeit in Planung – trotz vielfältiger lokaler Widerstände und trotz der Notwendigkeit, eine Klimakrise zu verhindern.
Die Flugindustrie kündigt an, zukünftig nachhaltig zu werden. Die Broschüre von FT Watch (November 2017) untersucht die verschiedenen grünen Strategien. Halten sie, was sie versprechen? Ist „CO2-neutrales Wachstum“ realistisch? Oder muss der Luftfahrt ein Limit gesetzt werden?
Die Broschüre richtet sich vor allem an interessierte Menschen und Gruppen, die die aktuellen Greenwashing-Praktiken der Luftfahrt verstehen und sich auf die eine oder andere Art für effektive Antworten auf die Klimakrise einsetzen wollen. Insofern werden auch zivilgesellschaftliche Antworten und Strategien vorgestellt.
>> Download Broschüre (deutsch, englisch)
>> Download Kurzzusammenfassung (deutsch, englisch)
>> Download Grafiken farbig (deutsch, englisch)
Die Print-Broschüre ist bestellbar bei magdalena.heuwieser@ftwatch.at